Persönlichkeit bei Robotern
Bei der Betrachtung von möglichen Technologien zur Unterstützung von Blinden fällt die Möglichkeit Roboter einzusetzen ins Auge. Wird diese näher untersucht stellt sich die Frage wie ein Roboter gestaltet werden sollte, sodass er vom Nutzer akzeptiert wird und ein positives Nutzungserlebnis entsteht. Dabei ist nicht nur eine Gestaltung der Formsprache, sondern auch des Roboterverhaltens möglich.
Bei der Auseinandersetzung mit möglichen Verhaltensweise von Assistenzrobotern kommt dabei die Frage auf, inwieweit eine mögliche Persönlichkeitsgestaltung bei Robotern Einfluss auf die Wahrnehmung und Akzeptanz von Robotern nehmen kann.
Daher hat sich das Team vor der Ideenentwicklung mit folgenden Fragen auseinandergesetzt:
- Kann eine Persönlichkeit bei Robotern Einfluss auf die Wahrnehmung und Akzeptanz von Robotern nehmen?
- Wie kann Persönlichkeit bei Robotern, insbesondere im Hinblick auf blinde Nutzer ausgedrückt werden?
- Sollte Persönlichkeit von Robotern auf die Persönlichkeit des Menschen abgestimmt sein?
Wie kann die Persönlichkeit eines Menschen erfasst werden, um eine automatische Anpassung der Roboterpersönlichkeit zu ermöglichen?
Bei der gezielten Literaturrecherche konnte dabei ermittelt werden, dass bereits viel zum Thema Persönlichkeiten bei Robotern geforscht wurde. Dabei wurde evaluiert, dass die sogenannten Big Five Persönlichkeitsmerkmale zur Gestaltung und Kategorisierung von Roboterpersönlichkeiten eingesetzt werden können. (Robert et al., 2020)
Zudem wurde festgestellt, dass das Zusammenspiel von Roboter- und Nutzer-Persönlichkeit Einfluss auf die Wahrnehmung von Nutzern nimmt. Dabei können je nach Situation sowohl ähnliche als auch unterschiedliche Persönlichkeiten positive Auswirkungen haben.(Robert et al., 2020 & Craenen et al., 2018)
Um Roboterpersönlichkeiten auf die des Nutzers anzupassen existieren dabei bereits Konzepte und Möglichkeiten Charaktereigenschaften mithilfe von Sensorik und Programmen zu analysieren und die Persönlichkeitsmerkmale des Roboters darauf anzupassen. (Ritschel & André, 2017 & Zafar et al., 2018)
Die Persönlichkeit des Roboters kann dabei über verschiedene Kanäle präsentiert werden. Eigenschaften können mithilfe von Sprache, Gesichtsdarstellungen und Bewegungsmustern präsentiert werden. Durch Sprache und Bewegungsmuster ist es somit auch möglich Binden ein Bild der Persönlichkeit des Assistenzroboters zu vermitteln. (Robert et al., 2020 & Agnihotri et al., 2020)
A Review of Personality in Human‒Robot Interactions
Robert, Alahmad, Esterwood, Kim, You & Zhang (2020) in arXiv
Dieses Paper liefert einen Überblick zur bisherigen Forschung zum Thema Persönlichkeit in der HRI. Dabei werden Erkenntnisse zum Einfluss von Nutzer- und Roboter-Persönlichkeiten auf die Akzeptanz und Wahrnehmung von Robotern dargelegt. Das Paper zeigt auf, dass in der bestehenden Forschung zumeist die sogenannten Big Five Persönlichkeitsmerkmale (BFP) zum Einsatz kamen, um Persönlichkeit zu messen und einzustufen. Diese BFP sind Folgende: Offenheit für Erlebnisse, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus. In der bestehenden Forschung wurde dabei am häufigsten das Persönlichkeitsmerkmal Extraversion, beziehungsweise das Gegenteil Introversion, betrachtet. Der gängige Einsatz der BFP liefert für diese Arbeit eine erste Antwort auf die Frage nach Gestaltungsmöglichkeiten von Roboterpersönlichkeiten. Die Kategorien könnten eingesetzt werden, um eine Persönlichkeit anhand der fünf Merkmale zu gestalten und zu kategorisieren.
Aus den Analysen der Forschungsergebnisse gehen drei weitere interessante Erkenntnisse für diese Arbeit hervor. Im Paper wird beschrieben, dass das Zusammenspiel der Persönlichkeit von Roboter und Mensch Einfluss auf die Roboterwahrnehmung nimmt. Dabei ergab sich aus verschiedenen Studien, dass sich sowohl gleiche, als auch unterschiedliche Persönlichkeitstypen, positiv auf die Wahrnehmung der Roboter und das Nutzungserlebnis auswirken können. Dies kann durch verschiedene Situationen beeinflusst werden. Hieraus ergeben sich zwei Antworten für diese Arbeit, zum einen können Roboterpersönlichkeiten Einfluss darauf nehmen, wie ein Roboter wahrgenommen wird und zum anderen gibt es einen Zusammenhang zwischen Roboter- und Nutzerpersönlichkeit. Außerdem liefert die Arbeit eine Antwort auf die Frage, wie Persönlichkeit von Robotern ausgedrückt werden kann. Diesbezüglich wird beschrieben, dass Charaktereigenschaften anhand von Sprache kombiniert mit Verhaltensanpassungen erfolgreich umgesetzt werden können.
Do We Really Like Robots that Match our Personality?
Craenen, Deshmunkh, Foster & Vinciarelli (2018) in Proceedings of the 27th IEEE International Symposium on Robot and Human Interactive Communication
Bei diesem Konferenzbeitrag handelt es sich um eine Studie, die sich mit dem Einfluss ähnlicher Persönlichkeitsmerkmale bei Mensch und Roboter auf die wahrgenommene Attraktivität des Roboters beschäftigt. Um zu ermitteln, inwiefern ein Zusammenhang zwischen Ähnlichkeit der Persönlichkeiten und der wahrgenommenen Attraktivität besteht, wurde der humanoide Roboter Pepper eingesetzt. Für diesen wurden Bewegungsmuster erstellt, welche die BFP repräsentierten. Anschließend wurde in einer Studie untersucht welche Eigenschaften den Robotern aufgrund der Bewegungsmuster zugeordnet werden und welchen Einfluss dies auf die Attraktivität des Roboters hat. Dabei wurde festgestellt, dass eine ähnliche Persönlichkeit öfter in Bereichen, die Kompetenz und Intellekt betreffen, als attraktiv wahrgenommen wurde. Unterschiedliche Persönlichkeitstypen wurden jedoch öfter bei sozialer Interaktion als attraktiver angesehen. Diese Erkenntnis liefert wiederum eine Antwort auf die Frage inwieweit Roboterpersönlichkeiten die Wahrnehmung von Robotern beeinflussen. Außerdem zeigt die Studie, dass Persönlichkeiten mithilfe von Bewegungen ausgedrückt werden können.
Designing Robot Behavior Based on Fictional Sidekick Characters
Luria (2018) in ACM/IEEE International Conference on Human-Robot Interaction Companion
Luria beschreibt in ihrem Konferenzbeitrag ein Konzept, wie Persönlichkeiten von Robotern gestaltet werden könnten. Hierbei wird vorgeschlagen Roboterpersönlichkeiten anhand des Vorbildes von „Sidekick“-Charakteren, wie sie in der Filmindustrie Anwendung finden, zu gestalten. Dafür analysierte Luria Filme und detektierte drei Eigenschaften, die „Sidekick“-Charaktere ausmachen und auf das Roboterdesign übertragen werden könnten. Diese Eigenschaften sind, Gegenseitigkeit, Bekräftigung und Unabhängigkeit. Damit liefert Sie einen methodischen Ansatz zur Gestaltung von Roboterpersönlichkeiten.Real-Time Robot Personality Adaptation based on Reinforcement Learning and Social Signals
Ritschel & André (2017) in ACM/ IEEE International Conference on Human-Robot Interaction
In diesem Konferenzbeitrag wird ein Konzept zur Echtzeitanpassung von Roboterpersönlichkeiten erläutert. Dabei wird Reinforcement Learning in Kombination mit der Detektion der Nutzerbeteiligung mithilfe des „Social Signals Interpretation frameworks“ eingesetzt. Die Beteiligungsrate des Nutzers dient dabei als Indikator, inwieweit der Nutzer die Roboterpersönlichkeit als positiv wahrnimmt. Wird eine schlechte Beteiligung gemessen, erfolgt eine Anpassung der Persönlichkeit bis eine hohe Beteiligung erkannt wird. So kann der Roboter die Präferenzen des Nutzers kennenlernen und die Persönlichkeit darauf anpassen. Somit liefern Ritschel & André eine Antwort auf die Frage wie die Persönlichkeit von Robotern auf die Nutzer abgestimmt werden könnte.Automatic Assessment of Human Personality Traits: A Step Towards Intelligent Human-Robot Interaction
Zafar, Sarwar & Berns (2018) in IEEE-RAS International Conference on Humanoid Robots
Zafar et al. haben sich mit der Frage beschäftigt, wie Persönlichkeitsmerkmale von Nutzern von Robotern detektiert werden können. Hierfür haben sie ein System konzipiert, welches verbales und non-verbales Verhalten misst. Anhand dieser Daten wurde die Nutzer-Persönlichkeit anschließend in die drei Kategorien Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus eingeordnet. Das System wurde mit ersten Versuchen getestet und die Persönlichkeiten der Testpersonen konnten dabei erfolgreich kategorisiert werden. Daraus ergibt sich, dass bereits Lösungsansätze bestehen, um Nutzerpersönlichkeiten zu ermitteln. Dies bietet eine Grundlage für eine automatischen Anpassung der Roboterpersönlichkeit an die Nutzerpersönlichkeit.Distinguishing robot personality from motion
Agnihotri, Chan, Heda & Knight (2020) in ACM/ IEEE International Conference on Human-Robot Interaction
In diesem Konferenzbeitrag wurde untersucht inwieweit Persönlichkeitsmerkmale von Robotern anhand von Bewegungen präsentiert werden können. Hierfür wurden bei einem Neato Roboter drei Bewegungsmuster implementiert, welche die Persönlichkeiten der Schlumpf Charaktere „Happy“, „Grumpy“ und „Sleepy“ repräsentieren sollten. Diese Bewegungsmuster unterschieden sich im Pfad, der Geschwindigkeit und der Relativgeschwindigkeit. Mittels Versuchen wurde dabei festgestellt, dass es für Probanden möglich war die Persönlichkeiten anhand der Bewegungsmuster zu unterscheiden. Außerdem zeigte sich, dass die Persönlichkeitseinstufung Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Roboters im Bezug auf Höflichkeit, Freundlichkeit und Intelligenz hatte. Der Roboter mit der fröhlichen Persönlichkeit wurde dabei am freundlichsten, am intelligentesten und als höflich eingestuft. Daraus kann die Vermutung abgeleitet werden, dass ein fröhlicher Charakter bei Robotern eingesetzt werden könnte, um Akzeptanz und eine positive Wahrnehmung zu schaffen. Die Umsetzung der Persönlichkeiten durch Bewegungsmuster könnte ein erster Ansatz zum Ausdruck von Roboterpersönlichkeiten für blinde Nutzer sein. Diese Vermutung ergibt sich, da Bewegungsmuster auch durch Geräusche und Luftbewegungen wahrgenommen werden könnten. So könnte Blinden ermöglicht werden Persönlichkeiten auf non-verbalem Wege wahrzunehmen.Weitere Literatur
- Aylett, M., Vazquez-Alvarez, Y. & Butkute, S. (2020, 23-26. März). Creating Robot Personality: Effects of Mixing Speech and Semantic Free Utterances. [Konferenzbeitrag]. HRI ’20 Companion, Cambridge, United Kingdom. Doi: 10.1145/3371382.3378330
- Churamani, N., Barros, P., Gundes, H. & Wermter, S. (2020) Affect-Driven Modelling of Robot Personality for Collaborative Human-Robot Interactions. arXiv, 1-12
- Craenen, B., Deshmukh, A., Foster, M. & Vinciarelli, A. (2018, 27-31. August). Shaping Gestures to Shape Personalities: The Relationship between Gesture Parameters, Attributed Personality Traits and Godspeed Scores. [Konferenzbeitrag]. 27th IEEE International Symposium on Robot and Human Interactive Communication, Nanjing, China. Doi: 10.1109/ROMAN.2018.8525739
- Müller, S. & Richert, A. (2018, 26-29. Juni). The big-five personality dimensions and attitudes towards robots: A cross sectional study. [Konferenzbeitrag]. PETRA‘18, Corfu, Greece. Doi: 10.1145/3197768.3203178
- Pakrasi, I., Chakraborty, N. & LaViers, A. (2018, 28-30. Juni). A design methodology for abstracting character archetypes onto robotic systems. [Konferenzbeitrag]. MOCO ’18, Genoa, Italy. Doi: 10.1145/3212721.3212809
- Sak-Wernicka, J. (2014) The effect of nonverbal cues on the interpretation of utterances by people with visual impairments. Journal of Visual Impairment and Blindness, 108(2), 133-143. Doi: 10.1177/0145482×1410800205
- Shen, Z., Elibol, A. & Chong, N. (2019). Inferring Human Personality Traits in Human-Robot Social Interaction. [Konferenzbeitrag]. 14th ACM/IEEE International Conference on Human-Robot Interaction, Daegu, Korea (South). Doi: 10.1109/HRI.2019.8673124
- Speranza, S., Tommaso Recchiuto, C., Bruno, B. & Sgorbissa, A. (2020, 31. August – 4. September). A Model for the Representation of the Extraversion-Introversion Personality Traits in the Communication Style of a Social Robot. [Konferenzbeitrag]. IEEE International Conference on Robot and Human Interactive Communication, Virtual Conference. Doi: 10.1109/ro-man47096.2020.9223537
- Stuck, R. & Walker, B. (2018, 5-8. März). Human-Robot Trust: Understanding User Perceptions. [Konferenzbeitrag]. HRI’18 Companion, Chicago, IL, USA. Doi: 10.1145/3173386.3176920
- Thepsoonthorn, C., Ogawa, K. & Miyake, Y. (2018). The Relationship between Robot’s Nonverbal Behaviour and Human’s Likability Based on Human’s Personality. Scientific Reports, 8(1), 1-11. Doi: 10.1038/s41598-018-25314-x
Referenzen
- Craenen, B., Deshmunkh, A., Foster, M. & Vinciarelli, A. (2018, 27-31. August). Do We Really Like Robots that Match our Personality? The Case of Big-Five Traits, Godspeed Scores and Robotic Gestures. [Konferenzbeitrag]. 27th IEEE International Symposium on Robot and Human Interactive Communication, Nanjing, China. Doi: 10.1109/ROMAN.2018.8525672
- Luria, M. (2018, 5-8. März). Designing Robot Behavior Based on Fictional Sidekick Characters. [Konferenzbeitrag]. HRI’18 Companion, Chicago, IL, USA. Doi: 10.1145/3173386.3176912
- Ritschel, H. & André, E. (2017, März) Real-Time Robot Personality Adaptation based on Reinforcement Learning and Social Signals. [Konferenzbeitrag]. ACM/IEEE International Conference on Human-Robot Interaction, New York, NY, USA. Doi: 10.1145/3029798.3038381
- Robert, L., Alahmad, R., Esterwood, C., Kim, S., You, S. & Zhang, Q. (2020). A Review of Personality in Human ‒ Robot Interactions. arXiv, 1-69
- Zafar, Z., Sarwar, H. & Berns, K. (2018, 6-9. November). Automatic Assessment of Human Personality Traits: A Step Towards Intelligent Human-Robot Interaction. [Konferenzbeitrag]. IEEE-RAS 18th International Conference on Humanoid Robots, Bejing, China. Doi: 10.1109/HUMANOIDS.2018.8624975